Wenn es am Set brennt – Filmversicherungen für die Medienbranche

Datum:

„Wir schaffen hier Tausende von Arbeitsplätzen, ihr Vollidioten! Das ist Fakt! Es gibt für euer Verhalten keine Entschuldigung. Jeden Tag habe ich das Studio, die Versicherungen und die Produzenten am Telefon und muss über den Fortgang der Produktion Bericht erstatten. Sie verlassen sich auf uns, dass wir hier Filme machen!“

Wer da so höchst verärgert und emotional reagierte, war kein Geringerer als Hollywood-Superstar Tom Cruise. Bei den Dreharbeiten zu „Mission Impossible 7“ kam es zu einem denkwürdigen Wutausbruch, dessen heimlich mitgeschnittene Tonaufnahme im Netz geleakt wurde. Adressaten der Tirade waren zwei unachtsame Filmtechniker, die am Set in London im Herbst 2020 weder die Covid-Masken- noch die -Abstandsregeln eingehalten hatten. Der US-Schauspieler, der gleichzeitig als einer der Produzenten des Films fungiert, hatte aufgrund der Corona-Pandemie bereits mit mehreren Unterbrechungen und Verschiebungen der Dreharbeiten zu kämpfen.

Eine Filmproduktion ist nicht erst seit der Corona-Pandemie enormen Risiken ausgesetzt. Sei es ein teures Hollywood-Projekt, eine Low-Budget-Arbeit für ein Filmfestival oder ein Beitrag für die Nachrichten eines TV-Senders. Doch was passiert eigentlich, wenn die Technik plötzlich streikt, der Hauptdarsteller krankheitsbedingt ausfällt, oder wenn sich am Set Unfälle ereignen? Dreh-Verzögerungen oder gar -Abbrüche kosten Geld. Gegen die unterschiedlichsten Risiken am Set können Filmversicherungen abgeschlossen werden, die zum Beispiel Technik, Requisiten, Gebäude, Fahrzeuge absichern, beteiligte Personen oder auch das filmische Material.

Für Produzenten, Studios, Sender, Festivals und Dienstleister der Filmbranche stellt die Filmversicherung also ein „Must-have“ dar. Als Risikominimierung bündeln sich konkret mehrere Einzel-Produkte wie Filmausfallversicherung, Personenausfallversicherung, Sachausfallversicherung, Elektronik- und Technikversicherung, Datenträgerversicherung, Requisiten- und Ausstattungsversicherung, Produktionshaftpflichtversicherung, Filmmaterialversicherung sowie der Filmfertigstellungsversicherung, der sogenannte Completion Bond.

Versichert werden also Unfälle, technische und gesundheitliche Risiken sowie Wetterrisiken. Nicht versicherbar sind dagegen unternehmerische Risiken (wenn beispielsweise der erwartete Filmerfolg ausbleibt) oder handwerklich-künstlerische Risiken. Eingeschränkt versicherbar sind rechtliche Risiken, wie Urheberechte und Verträge. Dazu gehören auch kaufmännische Risiken wie Finanzierung, Fehlkalkulation und Missmanagement.

Aktuell besonders in den Fokus geraten ist die Personenausfalldeckung. Bei einer Filmproduktion sind Regisseur, Darsteller oder Kameraleute nur sehr schwer oder gar nicht zu ersetzen. Mit der Personenausfallversicherung ist der Produzent gegen Unfall, Krankheit oder gar Tod der Personen versichert. Die in einem solchen Fall entstehenden Mehrkosten durch Unterbrechung der Produktion, durch Umbesetzung oder Nachdreh oder auch die bereits aufgewendeten Kosten im Fall eines Abbruchs werden dem Produzenten erstattet. Dieses Risiko wird in der Regel mit einer gebündelten Filmpolice abgesichert.

Allerdings: Bis heute wird der Branche keine corona-bedingte Ausfallversicherung angeboten. Und das hat nichts mit den inzwischen abklingenden Infektionszahlen zu tun, sondern mit der Unabwägbarkeit pandemie-verursachter Versicherungsfälle. In ersten Corona-Welle mussten Versicherer in vielen Fällen eben für den Film-Shutdown haften und empfindliche Kosten in die Bilanzen schreiben. John Neal, der Geschäftsführer von Lloyd’s of London, warnte vor drei Jahren noch eindringlich, dass „die Versicherungsschäden der Pandemie über alle Branchen hinweg sich pro Jahr auf mehr als 100 Milliarden Dollar addieren“, eine völlige Überforderung der Versicherungswirtschaft.

Die mächtige Allianz Deutscher Produzenten, die größte Interessenvertretung der Hersteller von Film-, Fernseh- und anderen audiovisuellen Werken in Deutschland, hat sich aktuell auf die Agenda geschrieben, das Thema corona-bedingte Ausfallversicherung mit allen Marktteilnehmern zu diskutieren. „Denn die nächste Pandemie kommt bestimmt“, wie es Johannes Kargerer, Leiter Politik in den Produzentenallianz auf Finanzwelt-Anfrage beschreibt. Mit den größten Filmversicherungsanbietern und den filmpolitischen Vertretern sei man bereits im intensiven Austausch. Denn eines ist klar: Ohne einen staatlichen Notfallfonds dürfte bei einer potenziellen neuen Corona-Welle die gesamte Filmproduktionsbranche vor die Hunde gehen. Und dies bei einem jährlichen Umsatz von rund 5 Milliarden Euro.

Der Markt der Filmversicherungen in Deutschland ist ebenso übersichtlich wie anspruchsvoll. Einer der ersten Ansprechpartner für deutsche und europäische Produzenten ist sicherlich die Deutsche Filmversicherungsgemeinschaft (DFG) mit Sitz in Hamburg. Die DFG, ein Markenzeichen der Firma Burmester, Duncker & Joly GmbH & Co. KG, gibt es schon so lange, wie es den Tonfilm gibt. Mit 80 Jahren Erfahrung kümmert man sich um „Alles, was nicht im Drehbuch steht“, so Geschäftsführer Hendrik Bockelmann. Extrakosten wegen erkrankten oder verunfallten Cast oder Crew oder weil am Set oder im Studio, an der Kamera oder bei den Requisiten etwas beschädigt ist, werden von der DFG ersetzt.

Die Pluspunkte der DFG sind neben der jahrelangen Erfahrung vor allem das spezialisierte Team und die direkte Verbindung zur Filmbranche.  „Als ‚Freund der Produzenten‘ ist es unser ganzes Ziel, ihre Produktionen bestmöglich vor Risiken zu schützen und abzusichern,“ berichtet Bockelmann, Geschäftsführender Gesellschafter, und ergänzt: „Beraten, Weiterlernen und Risiken abnehmen können, das ist das, was wir erreichen.“

Foto: Tom Cruise in „Impossible – Dead Reckoning Teil eins“, Copyright: Paramount

 

Ähnliche Artikel

Neueste Artikel